Eine kurze Biographie von Sangharakshita

Sangharakshita wurde 1925 als Dennis Lingwood in London geboren. Obwohl anglikanisch erzogen, entwickelte er schon früh ein Interesse an östlichen Philosophien. Mit 16 Jahren wurde ihm nach der Lektüre des Diamant-Sutra klar, dass er Buddhist war. In der London Buddhist Society begegnete er anderen Buddhisten und begann, seine religiöse Überzeugung durch Studium und spirituelle Praxis tiefer zu ergründen.

Im 2. Weltkrieg wurde er jedoch zur Armee einberufen, die ihn als Funker nach Sri Lanka und Indien führte. Nach Kriegsende blieb er in Indien, um im Geburtsland des Buddhismus den Kontakt mit spirituellen Lehrern zu suchen. Zu dieser Zeit gab es in Indien nur wenige buddhistische Mönche und bald fühlte er sich von den religiösen Organisationen, die er kennen lernte, enttäuscht. 1947 entschloss er sich zu einem radikalen Schritt und tat das, was man traditionell „in die Hauslosigkeit aufbrechen“ nennt: Er vernichtete seine Ausweispapiere, färbte seine Kleidung in der Tradition der Wanderasketen erdfarben, lebte von Almosen und wanderte durch Indien, um sich der Meditation und dem Studium buddhistischer Schriften zu widmen. Nach zwei Jahren wurde ihm klar, dass diese Lebensform, auch wenn sie eine radikale Form der Entsagung darstellte, keine idealen Bedingungen für tiefere Meditation bot. Er entschloss sich, die formelle buddhistische Ordination zu suchen.

1949 bat er um Aufnahme in den Theravada Mönchsorden und wurde vom Ehrw. U Chandramani ordiniert, der ihm den Namen Sangharakshita („beschützt durch die spirituelle Gemeinschaft“) gab. Sein Lehrer und Mentor war in dieser Zeit der Ehrw. Jagdish Kashyap, mit dem er in Benares die buddhistischen Schriften studierte.

Ein Jahr später ließ sich Sangharakshita auf Wunsch seines Lehrers im äußersten Norden Indiens nieder, in der Bergstadt Kalimpong, im Grenzgebiet zu Nepal, Bhutan und Sikkim. Sein Lehrer hatte ihn angewiesen, in Kalimpong „zum Wohle des Buddhismus“ zu wirken. Diese Anweisung befolgte er 14 Jahre lang. Er gründete ein Vihara (buddhistisches Kloster), rief eine buddhistische Jugendorganisation ins Leben, war jahrelang Chefredakteur des „Mahabodhi-Journals“, der Zeitschrift der Mahabodhi-Society, lehrte und publizierte. Ein wichtiger Aspekt seiner Tätigkeit war die Arbeit unter den „neuen Buddhisten“ Indiens, den ehemals Kastenlosen, die ab 1956 zu Hunderttausenden zum Buddhismus konvertierten.

Als in den Fünfzigerjahren der Flüchtlingsstrom aus Tibet anschwoll, siedelten sich in Kalimpong auch einige berühmte Lehrer aus der tibetischen Tradition an. Sangharakshita studierte unter einigen von ihnen, denn er hatte die buddhistische Tradition von Anfang an als große Einheit betrachtet und sich nie auf Theravada-Lehren und -Standpunkte beschränkt. 1956 erhielt er die tantrische Initiation von Chetul Sangye Dorje. Zu seinen Lehrern zählt er auch Kachu Rimpoche, Jamyang Khyentse Rimpoche, Dilgo Khyentse Rimpoche, Dudjom Rimpoche, Dhardo Rimpoche und Yogi C.M. Chen, der ihn in die Grundlagen des Ch'an einwies.

Nach zwanzig Jahren in Indien kehrte Sangharakshita 1964 auf Einladung des „English Sangha Trust“ nach England zurück. Er war gebeten worden, für einige Monate im „Hampstead Vihara“ in London zu lehren. Aus wenigen Monaten wurden zwei Jahre, und ihm wurde in dieser Zeit deutlich, dass es im Westen echtes Interesse am Buddhismus gab. Insbesondere unter der rebellierenden Jugend der damaligen Zeit erkannte er ein tiefes Bedürfnis nach Spiritualität und neuen Werten. Nach einer kurzen Rückkehr nach Indien, um sich von seinen Lehrern, Schülern und Freunden zu verabschieden, siedelte er endgültig nach England um. Da er in den bestehenden buddhistischen Organisationen Englands keine geeigneten Voraussetzungen sah, um den Buddhismus einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und auch junge Menschen anzusprechen, gründete er 1967 in London die Buddhistische Gemeinschaft Triratna (damals unter dem Namen "Freunde des Westlichen Buddhistischen Ordens") und 1968 den Buddhistischen Orden Triratna (vormals "Westlicher Buddhistischer Orden"). Dies sah er als sein wichtigstes Werk.

Viele Jahre lang war sein Hauptarbeitsfeld die Leitung der Triratna-Gemeinschaft sowie des Buddhistischen Ordens Triratna. Er hielt Hunderte von Vorträgen, unterrichtete Meditation, leitete Studienseminare und gab seinen Schülerinnen und Schülern persönliche Anleitung. Obgleich er früh darauf bedacht war, seinen Schülerinnen und Schülern Verantwortung zu übertragen und den Orden von sich unabhängig werden zu lassen, dauerte es dreißig Jahre, bis er sich aus seiner Leitungsrolle ganz zurückziehen konnte. Im August 2000 übertrug er im Alter von 75 Jahren die Verantwortung für die Triratna-Gemeinschaft und den Buddhistischen Orden Triratna einer Gruppe seiner erfahrensten Schülerinnen und Schüler.

Vor seinem Tod lebte Sangharakshita in Adhisthana, einem Retreat- und Seminarzentrum in England. Nahezu blind und mit wechselhaftem Gesundheitszustand warem ihm öffentliche Unterweisungen und Besuche in Buddhistischen Zentren nicht mehr möglich. Wenn es ihm gesundheitllich gut genug ging, stand er jedoch noch immer gerne für persönliche Begegnungen zur Verfügung und konzentrierte sich auf literarische Arbeit. Im Oktober 2018 verstarb Sangharakshita und wurde in Adhisthana beigesetzt.

Der Tod und die Beisetzung von Urgyen Sangharakshita von Clear Vision Trust auf Vimeo.Deutsche Untertitel können über cc eingeschaltet werden.

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